Telemetrie von Sputnik-1 decodieren

Alles rund um das Thema funktechnische Verfolgung von Raumflugkörpern.

Moderator: Goofy78

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Dusty
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Telemetrie von Sputnik-1 decodieren

Beitrag von Dusty »

Hallo Alle,

da sich 2017 der Start von Sputnik-1 zum 60. Male jährt, habe ich mich etwas näher mit dem Thema der historischen Temetrieaussendungen von Sputnik 1 befasst.
Hörbeispiele gibt es jede Menge, aber was sagen sie aus? Je mehr ich mich damit beschäftige, desto dürftiger wird die Quellenlage.
Mittlerweile bin ich auf 3 Versionen gestoßen:

1. Die Innentemperatur wurde als Tonhöhe codiert und der Innendruck als Pausenlänge. Angeblich existieren dazu Kalibrierkurven.
http://www.satellitenwelt.de/vsw_muenchen.htm

2. Die Innentemperatur wurde als Tonlänge codiert und der Innendruck als Pausenlänge.
http://mentallandscape.com/V_Telemetry.htm

3. Die Signallänge bleibt solange konstant, bis die Temperatur von 50°C überschritten oder 0°C unterschritten wird oder der Innendruck unter 0.35 kg/cm² sinkt.
https://www.cs.mcgill.ca/~rwest/link-su ... tnik_1.htm
http://www.russianspaceweb.com/sputnik_design.html

Ja was denn nun? :? Quellenangaben zu diesen Aussagen gibt es keine. Kennt jemand noch andere Quellen?
Wer fühlt sich berufen, sein Wissen mit mir zu teilen?

Zurück bleibt ein Dusty mit vielen ??????
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Maik
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Re: Telemetrie von Sputnik-1 decodieren

Beitrag von Maik »

Na das find ich ja toll, dass es hier einen gibt, der sich mit solchen Dingen noch beschäftigt.

Also im "Der praktische Funkamateur - Band 28 - Funktechische Satellitenbeobachtung" wird geschrieben, dass Sputnik-1 die Gasdichte der Stockstoffüllung und die Temperatur von verschiedenen Stellen der Gehäusewand, als Meßwert übertragen hatte.

Das was ich mit der Tonhöhe beschrieben hatte, wurde damals beim RS-17 (Sputniknachbau) gemacht, wäre aber beim Sputnik-1 so nicht möglich gewesen, da es sich ja bei ihm um eine CW Modulation gehandelt hatte. Somit nehme ich stark an, dass die Temperatur mit der Tonlänge und der Druck mit der Pausenlänge übertragen worden ist. Aber 100%ig kann ich meine These auch nicht garantieren.

In einem Artikel von Till Pricks, DM2AKD von 1958, der im Funkamateur 11/2007 als Reprint abgedruckt worden ist, wird beschrieben, dass zu einem späteren Zeitpunkt der Sputnik-1, nur noch einen Dauerträger ausgesendet haben soll. Ich könnte mir ja gut vorstellen, dass dies was mit der Überschreitung bei 50°C oder der Unterschreitung bei 0°C zutun haben könnte.

In der BZ vom 07.Oktober 1957 wird übrigens von Geheimzeichen berichtet. ;)
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Dusty
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Re: Telemetrie von Sputnik-1 decodieren

Beitrag von Dusty »

Hallo Maik,
danke für die "Geheimzeichen".

Ich habe bisher auch immer geglaubt, dass es sich um CW-Aussendungen handelte.
Ein paar Sachen haben mich stutzig gemacht:

In http://www.satellitenwelt.de/vsw_muenchen.htm ist von Frequenzmodulation die Rede.
Das dort verlinkte Audiofile wurde angeblich in AM aufgenommen

Aufschlussreich ist folgendes Audio-Dokument:

Als Quelle ist allerdings nur "1957, NASA" angegeben, es hört sich aber sehr authentisch an.
Ab 10m10s erzählt der Kommentator, wie im Zeitraum von 7.-8. Oktober 1957(also kurz nach dem Start) Messungen der Dopplershift vorgenommen wurden, indem zu dem empfangenen Signal das Signal eines lokalen Oszillators zugemischt wurde um das Differenzsignal zu erhalten. Man hört ein Dauersignal, dessen Tonhöhe sich durch die Dopplershift verändert. Da es ein Dauerton ist, muss der Sputnik-Sender also auch einen Dauerträger ausgesendet haben (AM, FM), und das nicht erst am Ende seiner Lebenszeit von 28 Tagen.
Bei 17m20s ist eine Aufnahme vom 23.Oktober 1957 zu hören, wo der der Sender nur noch einen Dauerträger (moduliert oder unmoduliert, ist hier die Frage) sendet

In den meisten Hörbeispielen aus anderen Quellen ist eigentlich nie eine Dopplershift zu hören, wie sie für CW typisch wäre.
Tonhöhenschwankungen führte ich eher auf die ausgeleierten Tonbänder aus den 50er Jahren zurück.
Das spricht wieder für AM oder FM.
Andererseits enthält das o.g. Audio-Dokument von 3min bis 7min auch ein Hörbeispiel, wo im beep-beep auch deutlich die Dopplershift zu erkennen ist.

Übrigens: Das im Reprint aus der FA 11/07 von Till Pricks DM2AKD für 40.002 MHz verwendete FuG 16 kann nur in AM, das für 20.005 MHz verwendete AQSt kann in AM und CW empfangen.
Wieder mal 2:1 für eine modulierte Aussendung.

Es bleibt verwirrend.
So - Jetzt bitte eure Theorien dazu.
Grüße
Dusty
Zuletzt geändert von Dusty am Mi 21. Dez 2016, 20:51, insgesamt 2-mal geändert.
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Maik
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Re: Telemetrie von Sputnik-1 decodieren

Beitrag von Maik »

Ich finde den Doppler in dem Audio-Dokument bei YouTube schon sehr heftig. Besonders lang sind die Aufnahmen der Durchgänge ja nicht, aber man hört schon sehr deutlich die Tonverschiebung. Man muß bedenken das die Dopplerverschiebung bei 20 bzw. 40MHz eigentlich gar nicht so viel ist. Die meisten Aufzeichnungen der Sputnik-1 Signale wurde wohl damals mit reinen AM-Empfängern gemacht, wo der Doppler dann doch nicht so gut hörbar ist.

Aber egal ob AM oder CW, es geht Dir ja um die Länge der Beeps bzw. der Pausen dazwischen für eine mögliche Dekodierung. In vielen Publikationen wird von einer Länge der Signale von 0,3 Sekunden geschrieben. In Wahrheit was ich so gemessen habe, war die Länge schon etwas weniger.
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Dusty
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Re: Telemetrie von Sputnik-1 decodieren

Beitrag von Dusty »

Hallo Maik,

ob CW oder AM ist mir gar nicht egal - ich wills wissen!
Ich werde jetzt mal alle Tondokumente die ich im Internet finden kann als Sonagramm darstellen und die Impulsabstände vermessen.
Wenn die Impulslänge und Abstand immer im gleichen Verhaltnis zueinanden stehen, tippe ich auf Tonbandsalat.
Wenn es die Signalabstände nur in zwei bis drei Versionen gibt, würde die These mit der Temeperatur Unter-/Obergrenze und dem Druckabfallschalter stimmen.
Die Ergebnisse stelle ich dann als Tabelle ins Forum.

Gruß
Dusty
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Maik
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Re: Telemetrie von Sputnik-1 decodieren

Beitrag von Maik »

Da sich ja nun in zwei Tagen der Sputnik-1 Flug zum 60. Mal jährt, habe ich mich noch ein wenig mit den Signalen von damals beschäftigt.

Also von dem YouTube Video von oben, habe ich mir das Audio als Spektrogramm mal genauer angeschaut. Dabei kann man bei dem Signalmitschnitt vom 10.Obtober auf 40MHz in der Datei zwischen 12:35-16:45min eine schöne Dopplerkurve sehen. Das Signal wanderte in ca. 4 min von 2250 auf 330 Hz. Das muß ein in der Elevation sehr hoher Überflug gewesen sein.

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Dusty
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Re: Telemetrie von Sputnik-1 decodieren

Beitrag von Dusty »

Hallo Maik,

danke für die Darstellung. Ich habe einmal Tonhöhen, Impuls- und Pausenlängen der einzelnen Tondokumente analysiert.
Alles sehr uneinheitlich. Aber vielleicht trägt das für andere zur Erhellung bei.
Da ich aber keine Excel-Tabelle einstellen kann, habe ich von der Tabelle ein jpg gemacht.
Wie kann ich das hochladen?

Gruß
Dusty
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Maik
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Re: Telemetrie von Sputnik-1 decodieren

Beitrag von Maik »

Na im Forum selbst kann man keine Bilddateien abgelegen. Da mußt du im Netz einen der vielen Bilder-Uploader nehmen.

Mir ist beim analysieren von Sputnik-1 Aufzeichnungen ausgefallen, dass manchmal die Impulse länger als die Pausen sind und bei anderen die Pausen länger als die Impulse. Wenn man ganz genau die Länge misst, stellt man fest, dass es auch Unterschiede von Impuls zu Impuls gibt. Erst dachte ich an Gleichlaufprobleme der alten Tonbänder, aber jetzt denke ich, dass sich wohl die Meßwerte ständig verändert haben, was sich auf jeden einzelnen Impuls ausgewirkt hat. Der Sputnik hat sich ja ständig gedreht und wurde somit steht's von einer anderen Seite der Sonne beschienen, was sicherlich den Temperaturwert an den Meßfühlern leicht schwanken ließ.
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Dusty
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Re: Telemetrie von Sputnik-1 decodieren

Beitrag von Dusty »

Ich versuchs mal so...

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Zum Vergrößern bitte draufklicken.

Leider habe ich nicht überprüft ob alle Quellen noch existieren.

Gruß
Dusty
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Maik
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Re: Telemetrie von Sputnik-1 decodieren

Beitrag von Maik »

Ich hätte noch was zum ergänzen.

http://mentallandscape.com/Sputnik1_WashingtonDC.mp3
http://mentallandscape.com/Sputnik1_Czech.mp3

Heinz Kaminski aus Bochum
http://www.sternwarte-bochum.de/_iuz/bi ... 041057.mp3

Einen Mitschnitt von den Judica-Cordiglia Brüdern habe ich auch noch. Online ist der leider nicht mehr zu finden.
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